AG München: Mieter verletzt mit Weitergabe von Prozessunterlagen an Vormieter keine Mietvertragspflichten

zu AG München , Urteil vom 21.05.2014 - 452 C 2908/14

zu AG München , Urteil vom 21.05.2014 - 452 C 2908/14

Gibt ein Mieter an seinen Vormieter Prozessunterlagen weiter, damit dieser gegen den ehemaligen Vermieter seine Ansprüche geltend machen kann, verletzt er damit keine Pflichten aus dem Mietvertrag. Eine auf die Unterlagenweitergabe gestützte Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter ist deswegen ausgeschlossen, wie ein mittlerweile rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts München vom 21.05.2014 zeigt (Az.: 452 C 2908/14).

 

Wohnung zu klein: Mieter erstreiten geringeren Mietzins

 

Die Klägerin aus München vermietete ihre Doppelhaushälfte in München-Obermenzing an die beiden beklagten Mieter mit Mietvertrag vom 05.08.2009. Darin war eine Miete von 1.950 Euro monatlich für 185 Quadratmeter Wohnfläche vereinbart. In der Folgezeit minderten die Mieter den Mietzins, da sie eine Wohnflächenberechnung erstellen ließen, die eine Wohnfläche von nur 148,46 Quadratmeter ergab. Es kam zwischen den Parteien zu einem Prozess über die richtige Miethöhe, bei dem ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde zur Größe des Hauses. Der Sachverständige errechnete eine Wohnfläche von 158,46 Quadratmeter und eine daraus geschuldete Monatsmiete von 1.670,25 Euro. Die Mieter haben den Prozess also gewonnen.

 

Auch Vormieter verklagen Vermieterin mit Hilfe der Mieter

 

Die Prozessunterlagen samt der Wohnflächenberechnung haben die beklagten Mieter an ihre Vormieter herausgegeben, die nach Berlin verzogen sind. Die vormaligen Mieter haben daraufhin gegenüber der Vermieterin auch die Flächenabweichung geltend gemacht und von ihr den Ersatz des Differenzschadens gefordert. Sie verklagten ihre ehemalige Vermieterin, die im Prozess rechtskräftig zur Rückzahlung von 15.000 Euro zu viel bezahlter Miete aufgrund der Wohnflächenabweichung verurteilt wurde.

 

Vermieterin will Mieter loswerden

 

Die Vermieterin kündigte am 17.12.2013 den Mietern das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos und auch ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Sie macht geltend, das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und den beklagten Mietern sei wegen der Weitergabe der Prozessunterlagen gänzlich zerstört. Die Vormieter hätten erst durch die Weitergabe der Unterlagen von der Flächenabweichung erfahren und ihre Ansprüche gegen die ehemalige Vermieterin geltend machen können. Das Verhalten der Mieter sei verwerflich, da sie wirtschaftlich davon überhaupt nicht profitierten. Den Mietern gehe es nur darum, ihr, der Vermieterin, zu schaden.

 

AG: Mieter verletzten keine mietvertraglichen Pflichten

 

Die beiden Mieter räumten das Haus nicht. Daraufhin erhob die Vermieterin Räumungsklage. Das AG München wies die Klage ab. Das Mietverhältnis sei nicht durch die Kündigungen der Vermieterin beendet. Die vorgetragenen Kündigungsgründe rechtfertigten weder die außerordentliche noch die ordentliche Kündigung. Es liege weder ein wichtiger Grund vor, noch ein berechtigtes Interesse der Vermieterin noch eine erhebliche Verletzung vertraglicher Pflichten durch die Mieter. Die Weitergabe der Prozessunterlagen einschließlich des Gutachtens und der sonstigen Beweismittel an die Vormieter, damit diese ihre - offenbar berechtigten - Ansprüche gegen die Vermieterin durchsetzen können, stelle keine Verletzung der mietvertraglichen Pflichten dar. Die Vormieter hätten ein Recht zur Akteneinsicht nach § 299 ZPO gehabt, da sie ein rechtliches Interesse daran besaßen, nämlich die Unterlagen in ihrem eigenen Prozess zu verwenden.