Verlangt eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, dass ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis zur Vermeidung seines Verfalls innerhalb einer bestimmten Frist gerichtlich geltend gemacht werden muss, ist die Ausschlussfrist in entsprechender Anwendung des § 203 Satz 1 BGB gehemmt, solange die Parteien vorgerichtliche Vergleichsverhandlungen führen. Das hat das Bundesarbeitsgericht - anders als die Vorinstanzen - entschieden (Urteil vom 20.06.2018, Az.: 5 AZR 262/17).
Aber: § 203 Satz 2 BGB findet keine analoge Anwendung
Die Bundesrichter stellten zudem in diesem Zusammenhang fest, dass der Zeitraum, während dessen die Vergleichsverhandlungen andauern, entsprechend § 209 BGB in die Ausschlussfrist nicht eingerechnet wird und dass § 203 Satz 2 BGB, der bestimmt, dass die Verjährung frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung eintritt, auf arbeitsvertragliche Ausschlussfristen keine entsprechende Anwendung findet.
Verfallsklausel im Arbeitsvertrag
In dem jetzt entschiedenen Fall war der Kläger vom 01.01.2014 bis zum 31.07.2015 bei der Beklagten als technischer Sachbearbeiter beschäftigt und hatte zuletzt 4.361 Euro brutto monatlich verdient. Sein Arbeitsvertrag enthält eine Klausel, die verlangt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich gegenüber der Gegenseite geltend gemacht und bei Ablehnung innerhalb von weiteren drei Monaten ab Zugang der Ablehnung bei Gericht anhängig gemacht werden müssen, ansonsten verfallen sie.
Kläger fordert Geld für Überstunden und als Urlaubsabgeltung
Mit Schreiben vom 14.09.2015 forderte der Kläger vom Beklagten die Abgeltung von 32 Urlaubstagen mit einem Gesamtbetrag von 6.387,52 Euro brutto sowie weitere 4.671,88 Euro brutto als Vergütung von 182,25 Überstunden, die sich bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers angesammelt hätten.
Klage scheitert in den unteren Instanzen
Der beklagte Arbeitgeber lehnte mit Schreiben vom 28.09.2015 die Ansprüche ab, wies allerdings darauf hin, er strebe eine einvernehmliche Lösung an. In der Folgezeit führten die Parteien über die von ihnen beauftragten Rechtsanwälte Vergleichsverhandlungen, die bis zum 25.11.2015 andauerten, jedoch erfolglos blieben. Daraufhin hat der Kläger am 21.01.2016 Klage erhoben, mit der er seine Ansprüche weiterverfolgt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Gerichte argumentierten, die Ansprüche des Klägers seien verfallen, weil er sie nicht fristgerecht gerichtlich geltend gemacht habe (LAG, ZIP 2017, 2375).
Revision erfolgreich – Ausschlussfrist gewahrt
Die Revision des Klägers war vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolgreich. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts könne die Klage nicht abgewiesen werden, entschieden die Erfurter Richter. Der Kläger habe die dreimonatige Ausschlussfrist zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche gewahrt, weil sie für die Dauer der Vergleichsverhandlungen entsprechend § 203 Satz 1 BGB gehemmt war.
LAG muss nun erneut entscheiden
Der Senat musste deshalb nicht darüber entscheiden, ob die Verfallklausel insgesamt unwirksam ist, weil sie den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich aus ihrem Anwendungsbereich ausnimmt. Mangels Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu dem vom Kläger behaupteten Arbeitszeitkonto und dessen Saldo sowie den bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch offenen Urlaubstagen konnte das BAG in der Sache nicht selbst entscheiden, sondern hat sie zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.