Hat eine Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert, so besteht regelmäßig kein Anspruch auf Witwen- beziehungsweise Witwerrente. Nur wenn besondere Umstände die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe widerlegen, kann eine entsprechende Rente beansprucht werden. Hiervon sei regelmäßig nicht auszugehen, wenn die tödlichen Folgen einer schweren Krankheit bei Eheschließung für den Verstorbenen vorhersehbar gewesen seien, betont das Hessische Landessozialgericht (Urteil vom 15.12.2017, Az.: L 5 R 51/17, BeckRS 2017, 139450).
Hochzeit zehn Tage nach Diagnose
Eine 1951 geborene pflegebedürftige Frau beantragte bei der Deutschen Rentenversicherung Witwenrente, nachdem ihr 1949 geborener Ehemann im Juni 2013 an den Folgen eines Krebsleidens verstorben war. Die Eheleute waren bereits während der Jahre 1980 bis 2000 verheiratet. Im Jahr 2011 zogen sie wieder zusammen. Am 23.10.2012 wurden bei dem Ehemann mehrere Metastasen in der Leber und den Lymphknoten diagnostiziert. Zehn Tage später heirateten die geschiedenen Eheleute im Krankenhaus erneut.
Rentenversicherung versagt wegen Versorgungsehe Witwenrente
Die Rentenversicherung lehnte die von der Witwe beantragte Hinterbliebenenrente ab. Die gesetzliche Vermutung einer sogenannten Versorgungsehe sei nicht widerlegt. Zum Zeitpunkt der erst fünf Tage zuvor beim Standesamt angemeldeten Eheschließung sei bereits abzusehen gewesen, dass eine ernstzunehmende Erkrankung vorliege. Die Frau wandte hiergegen ein, dass bereits bei ihrer Verlobung im Oktober 2010 als Hochzeitstag der 31.10.2012 – und damit der 33. Kennenlerntag – festgestanden habe. Zudem habe sie zum Zeitpunkt der Eheschließung die negativen Heilungsaussichten nicht gekannt. Somit hätten bei ihre keine Versorgungsabsichten bestanden.
LSG bestätigt Entscheidung der Rentenversicherung
Das LSG hat, wie bereits die Vorinstanz, die Entscheidung der Rentenversicherung bestätigt. Der Gesetzgeber habe im Jahr 2001 geregelt, dass kein Anspruch auf Witwen- beziehungsweise Witwerrente bestehe, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Anders sei dies nur, wenn wegen besonderer Umstände nicht davon auszugehen sei, dass die Heirat allein oder überwiegend einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung bezwecken solle. Solche Umstände seien unter anderem bei einem plötzlichen unvorhersehbaren Tod (zum Beispiel in Folge eines Unfalls) anzunehmen oder wenn die tödlichen Folgen einer Krankheit bei Eheschließung nicht vorhersehbar gewesen seien. Wisse ein Versicherter hingegen bei der Heirat bereits von seiner lebensbedrohlichen Erkrankung, sei die gesetzliche Vermutung, dass es eine Versorgungsehe vorliege, in der Regel nicht widerlegt. Diese gelte umso mehr, je offenkundiger und lebensbedrohlicher die Krankheit gewesen sei.
Zumindest Ehemann wusste schon bei Eheschließung von Schwere seiner Erkrankung
Im vorliegenden Fall sei von einer Versorgungsehe auszugehen, so das LSG. Dabei sei unbeachtlich, dass die Frau erst nach der Eheschließung über die schlechten Heilungsaussichten informiert gewesen sei. Denn jedenfalls habe ihr verstorbener Ehemann bereits zuvor von der Schwere seiner Krebserkrankung gewusst. Auch habe dieser auf eine Eheschließung noch im Krankenhaus gedrängt. Dies spreche dafür, dass er vorrangig eine Versorgung seiner pflegebedürftigen Frau angestrebt habe, was im konkreten Fall die Versagung der Witwenrente zur Folge habe. Die Revision wurde nicht zugelassen.